Beschlussvorschlag
Die Verbandsversammlung möge beschließen:
1.) Die Landesregierung Hessen wird aufgefordert sich bei der Bundesregierung für eine Überarbeitung der Regelungen des Paragraphen § 43a SGB XI einzusetzen, so dass die Pflegeleistungen für Menschen in besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe in voller Höhe von den Pflegekassen übernommen werden.
2.) Die Landesregierung Hessen wird aufgefordert bis zu einer gesetzlichen Neuregelung auf Bundesebene diese Mehrkosten des LWV Hessen von 111 Millionen Euro (Stand: 2021) aus dem Landeshaushalt zu tragen und die Kommunen bei den Kosten der Eingliederungshilfe zu entlasten.
Die Verbandsversammlung stellt fest:
3.) Die derzeitige Regelung im § 43a SGB XI, die eine Pauschale von 266 Euro bei den Pflegekosten für Menschen in besonderen Wohnformen (früher: stationäre Einrichtungen) vorsieht, ist nicht ausreichend und stellt eine Benachteiligung der besonderen Wohnformen der Eingliederungshilfe gegenüber Seniorenheimen und der häuslichen Pflege dar.
4.) Es ist nicht tragbar, dass hier eine signifikante Ungleichbehandlung erfolgt, die dem Gedanken der Inklusion widerspricht und sogar ggf. dazu führt, dass Menschen mit Behinderungen vorzeitig in Pflegeheimen untergebracht werden, da diese kostengünstiger sind als Einrichtungen der Eingliederungshilfe.
5.) Die Verbandsversammlung des LWV Hessen erachtet es für dringend notwendig, dass hier über Parteigrenzen hinweg eine Initiative ergriffen wird, eine Lösung zu finden, die diese Ungleichbehandlung beendet.
Der Verwaltungsausschuss wird gebeten,
1.) Rechtliche Schritte zu prüfen, welche Klagemöglichkeiten der LWV Hessen diesbezüglich hat.
2.) Ein neues aktualisiertes Gutachten bei Herrn Prof. Welti in Auftrag zu geben, dass die Entwicklungen der letzten 6 Jahre umfasst und das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Landtags Rheinland-Pfalz hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 43a SGB XI mit GG und UNBRK kritisch überprüft.
Begründung:
In Hessen zeichnet sich ab, dass es zu einem großen Umbruch in der Trägerlandschaft bei den ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen kommt. Ca. 50% der EUTBs werden den Träger wechseln. 9 von 27 EUTB Beratungsstellen sollen an die Deutsche Multiple-Sklerose Gesellschaft gehen, die bislang weder über hauptamtliche Peer-Berater noch über die entsprechenden Büros verfügt. Damit fallen 33,3% aller unabhängigen Teilhabeberatungen auf einen Träger, der laut Satzung ein Selbsthilfeverein ist, der nur auf eine spezifische Autoimmunerkrankung/Behinderung ausgerichtet ist. Mit Offenbach (IGEL-OF e.V.) (die sich aber auch nicht mehr beworben haben) und Gießen ("Ich bin dabei e.V.") fallen darüber hinaus zwei Beratungsstellen weg, die eindeutig unabhängig arbeiten und Trägervereine haben und keine Leistungserbringer sind. Auch im Rheingau-Taunus-Kreis (jj.j. e.V.) und Frankfurt (Frankfurter Heimstätten /Frankfurter Verein) arbeiten kleinere Träger, die durchaus angesehen sind und nicht per se große Leistungserbringer.
Im Oktober 2022 wandten sich die hessischen Berater:innen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungsstellen (EUTB) an die Bundes- und Landesregierung:
Brandbrief (= dringende Bitte)
des hessischen EUTB-Berater*innen Netzwerkes und
der Trägervereine der EUTB-Angebote Hessen
Das EUTB®-Netzwerk Hessen und seine teilnehmenden Berater*innen haben mit Erschrecken und Fassungslosigkeit die Bescheidungspraxis der gsub (Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung) bezüglich der kommenden Förderperiode ab Januar 2023 für die Ergänzende unabhängige Teilhabeberatung (EUTB®) zur Kenntnis genommen.
Zum besseren Verständnis der Tragweite wird im Folgenden kurz Bezug zur sozialpolitischen Gesamtsituation hergestellt und in einem zweiten Schritt die konkreten Kritikpunkte und Forderungen seitens der hessischen EUTB®-Angebote dargelegt.
Haushaltsrede der Fraktion DIE LINKE. im LWV
Verbandsversammlung am 10. März 2021
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren,
das Jahr 2020 mit der Corona-Pandemie war für alle eine große Herausforderung.
Ganz besonders auch in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen.
Viele soziale Dienstleister haben flexibel und mit großem Engagement auf die Anforderungen reagiert und versucht, ein möglichst gutes Angebot für die behinderten Menschen aufrecht zu erhalten.
In diesem Zusammenhang haben wir es auch sehr begrüßt, dass der Landeswohlfahrts-verband an einer vollständigen Refinanzierung der Träger festgehalten und unbürokratische Wege gefunden hat.
Es ist aber festzustellen, dass soziale Dienstleister von der Corona-Krise sehr unterschiedlich betroffen waren und sind.
Einige Einrichtungen kämpfen mit großen Mehrbelastungen und übernehmen freiwillig Aufgaben, die anderswo nicht mehr geleistet werden (können). Andere sind minder-ausgelastet bis zum Ruhen des Angebots.
Werkstätten arbeiten zum Beispiel im Schichtbetrieb. Es ist sehr unterschiedlich, wie mit der Teilnahme am Werkstattangebot verfahren wird. Teilweise werden Menschen mit Behinderungen, die keine Hygienerichtlinien einhalten können, vom Angebot völlig ausgeschlossen und sind seit einem Jahr ohne Tagesstruktur.
Daher ist es erst mal verständlich, dass der LWV für 2021 ein anderes Verfahren wählen will.
Jetzt will er nur noch zahlen, wenn Leistungen auch erbracht werden. Die Leistungserbringung muss gegenüber dem LWV dokumentiert werden.
Gegebenenfalls kann der Minderaufwand, der vom LWV nicht mehr bezahlt wird, beim Corona-Teilhabefond geltend gemacht werden.
Wenn glaubhaft Mehraufwand nachgewiesen wird, werden bilateral Ausgleichszahlungen befristet bewilligt, ohne dass wie in 2020 zuvor Rücklagen eingebracht werden müssen.
Zu dieser Vorgehensweise stehen wir kritisch: Auf die Träger kommt ein hoher Verwaltungsaufwand zu.
Jetzt ist die Frage, wie man darauf reagiert.
Wichtig wäre es, Mindeststandards festzulegen: Kleinere Gruppen und dementsprechend einen höheren Personaleinsatz. Mindestens 6 Stunden am Tag muss es eine Tagesstruktur geben. So lassen sich Hygienebedingungen schaffen und einhalten. Das wird natürlich auch Mehrkosten nach sich ziehen, die vom LWV getragen werden sollten.
Keinesfalls kann es sein, dass dauerhaft Menschen mit Behinderungen sich selbst und ihren Familien überlassen und ohne Tagesstruktur sind.
Hier braucht es verbindliche Pandemiepläne.
Unter Pandemiebedingungen müssten wir uns darüber verständigen, welche Mindeststandards in den Einrichtung einzuhalten sind.
Wenn der LWV jetzt von seiner Refinanzierung von 2020 abweicht und nur noch die Leistungen erstatten will, die tatsächlich erbracht und nachgewiesen werden, stellt sich doch die Frage: Was hat sich denn Wesentliches im Vergleich zu 2020 an den Gegebenheiten mit Corona verändert? Ist es jetzt 2021 besser geworden?
Wir wollen einen starken, demokratischen Sozialstaat, der alle Menschen wirksam gegen die Lebensrisiken von Krankheit, Unfall, Alter, Pflegebedürftigkeit und Erwerbslosigkeit schützt, erklärt Christiane Böhm, Landesvorsitzende der Partei Die Linke Hessen. „Die von der CDU lancierte Schmutzkampagne gegen Bezieherinnen und Bezieher von Bürgergeld und die zutiefst unsoziale Forderung nach 100% Sanktionen ist nichts anderes als das Ende des Sozialstaates. Sie treibt weitere Wählerschichten in die Arme der Extremen Rechten".
Die Bezahlkarte, wie sie gerade auch in Hessen diskutiert wird, schränkt Selbstbestimmung und Würde geflüchteter Menschen ein und ist der falsche Weg“, erklärt Desiree Becker, Kandidatin der hessischen LINKEN für die Europawahl. „Das Verständnis des Sozialleistungsbezug als sogenannter Pull-Faktor ist überholt und abzulehnen. Es gibt keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Menschen ihre Heimat wegen den Sozialleistungen in Deutschland verlassen. Menschen flüchten – das zeigt auch der Blick auf die Hauptherkunftsländer Syrien, Ukraine, und Afghanistan – hauptsächlich wegen Krieg, Verfolgung und Terror. Billiger Populismus und Scheinlösungen bringen uns in der Geflüchtetenpolitik kein Stück weiter. Es ist realitätsfern zu glauben, dass Menschen aufgrund von GEAS oder Bezahlkarten nicht mehr flüchten würden, ganz im Gegenteil, mehr Kriege und Umweltzerstörung werden wohl zu mehr Flucht führen. Die Politik sollte statt sich abzuschotten endlich Wege der Integration gehen.
Die Analyse des Münchener Ifo-Instituts ‚Wachsende Armutsgefährdung mitverantwortlich für Wahlerfolg rechtsextremer Parteien‘ kommentiert Christiane Böhm, Landesvorsitzende der Partei Die Linke Hessen: "Es ist erfreulich, wenn das Ifo-Institut in seiner Untersuchung unsere Beobachtungen bestätigt: Wenn sich Menschen regional sozial abgehängt fühlen, sinkt das Vertrauen in das politische System und die Demokratie und sie wählen eher rechts. Wer den Rechtsruck bekämpfen will, der muss die Abstiegsängste der Menschen ernst nehmen und ihre wirtschaftliche Situation verbessern.