Mohnblume
(Foto: Gabi Faulhaber)

Reden

Reden: Änderungsantrag: ”Verbesserung der ambulanten psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Versorgung in Hessen”

Rede am 28. Oktober 2020 zum Änderungsantrag der Linken 
bezüglich des Antrags der Fraktionen SPD, FDP, FW und Bündnis 90/Die Grünen:

”Verbesserung der ambulanten psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Versorgung in Hessen” 

Die Fraktion DIE LINKE begrüßt es sehr, dass sich der LWV um dieses Thema bemüht und es weiter entwicklen will. Dafür gibt es auch gute Möglichkeiten mit vitos an seiner Seite. Und von vitos werden ja auch schon länger Versorgungsprobleme benannt, die dringend angegangen werden müssten! 
Die CDU sagte zu diesem Antrag, das wären freiwillige Leistungen und sie lehnte ihn deswegen ab. Ja, das wären freiwillige Leistungen - aber eine notwendige! Und sie sollten zu einem festen Bestandteil der Arbeit des LWV werden.

Eine Debatte über eine ausreichende psychotherapeutische und sozialpsychiatrische Versorgung ist in Hessen überfällig. Therapeutische Angebote müssen verbessert und angepasst und die Wartezeiten auf Therapieplätze reduziert werden.
Häufig verzögert sich der Behandlungsbeginn einer psychischen Erkrankung so lange, dass eine Chronifizierung eintritt. Dabei ist ein Defizit im psychotherapeutischen Angebot nicht nur bei Geflüchteten zu erkennen, sondern auch allgemein. Insbesondere im ländlichen Raum. 
Für spezifische Zielgruppen ( zum Beispiel schwere Persönlichkeitsstörungen/Kinder und Jugendliche mit Störungen aus dem Autismusspektrum) sind selbst Einzeltherapieplätze kaum ausreichend. Hier müssten neue Angebote geschaffen werden, die auch den Sozialraum der Menschen mit einbeziehen. Prävention, Früherkennung sowie eine zielgruppengemäße und möglichst frühe Behandlung von psychischen Erkrankungen und posttraumatischen Belastungsstörungen ist eine Voraussetzung für den Erfolg einer Behandlung. Und bei Flüchtlingen die Vorraussetzung, sich in Deutschland gut integrieren zu können.
Eine Durchlässigkeit und der Wechsel zwischen stationären, teilstationären, stationären und ambulanten Angeboten funktioniert – auch nach der Einführung des Bundesteilhabegesetzes - häufig nicht ausreichend. Versorgungslücken bei den Nahtstellen (niedergelassener Arzt/Psychotherapeut/ Psychiatrie/sozialpsychiatrische Angebote) führen nicht nur zu einer Beeinträchtigung der Qualität der psychiatrischen Versorgung, sondern verursachen auch zusätzliche Kosten.
Dabei wäre eine Vernetzung der einzelnen Hilfsangebote ausgesprochen wichtig.
Es ist nicht zielführend, wenn Behandlungsprozesse an den Nahtstellen unterbrochen werden. Oder sogar die Informationsweitergabe nicht richtig funktioniert. Es gibt nur wenige integriere Versorgungsmodelle, die eine Vernetzung aller Akteure schaffen. ( Z.B. versa GmbH Frankfurt).
Daneben ist ein Problem, dass es für Kinder und Jugendliche lange Wartelisten auf stationäre Behandlung in der Psychiatrie gibt und im ländlichen Raum ambulante Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten fehlen. Ebenso ist zu beobachten, dass bei Kindern und Jugendlichen die Diagnose ‘Autismus’ zunehmend gestellt wird, ohne dass Angebote gestärkt werden. Spezialisierte Wohngruppen und Therapieangebote, die sich nur auf diese Zielgruppe richten, sollten deshalb geschaffen werden.
Häufig sind es Kinder und Jugendliche mit der Diagnose Autismus, die zu den sogenannten “Systemsprengern” gezählt werden und an jeder Massnahme scheitern. Die Folge sind Langzeitunterbringungen in Kinder- und Jugendpsychiatrien, in Einzelfällen über mehrere Jahre.
Ebenso schlecht versorgt sind Erwachsene mit schweren Persönlichkeitsstörungen, die hochfrequente gurppen- und einzeltherapeutische Angebote bräuchten, um überhaupt von den therapeutischen Angeboten profitieren zu können.
Vereinzelt gibt es solche Angebote, aber insbesondere im ländlichen Raum ist selbst die Versorgung mit Einzeltherapien unzureichend. Sozialpsychiatrische Anlaufstellen und integrierte Versorgungsansätze müssten hessenweit ausgebaut werden, um eine wohnortnahe Versorgung zu gewährleisten.

 

2. Juli 2020: Rede zum Änderungsantrag des Antrags der Fraktionen SPD-, FDP, FW und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen:

”Verbesserung der ambulanten psychiatrischen bzw. psychotherapeutischen Versorgung in Hessen”

DIE LINKE. hält einen Antrag zur Verbesserung der ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung in Hessen für sehr wichtig.
Wir haben bei unseren Besuchen bei Einrichtungen und bei Vitos erfahren, welche Schwierigkeiten es gibt, zeitnah Hilfen zu finden oder Anlaufstellen, wenn die stationäre Hilfe endet aber ambulant fortgesetzt werden müsste.
Deshalb begrüßen wir grundsätzlich diesen Antrag.

Wir haben uns zu einem Änderungsantrag entschlossen:
Im Antragstext wird sehr richtig verwiesen auf Menschen mit psychiatrischem bzw. psychotherapeutischem Hilfebedarf, insbesondere auf Kinder und Jugendliche an der Schnittstelle zur Jugendhilfe sowie auf Menschen mit geistiger Behinderung.
In Ihrer Begründung, meine Damen und Herren, beziehen Sie sich dann aber ausschließlich auf Geflüchtete.
Nun, wir wissen, dass es für Geflüchtete besonders schwer ist, Hilfe bei psychischen Problemen bzw. Traumata zu finden und dass die vorhandenen Anlaufstellen gar nicht ausreichen.
Aber eine Verbesserung der ambulanten Versorgung ist tatsächlich – wie in Ihrer Überschrift formuliert – für ein breiteres Spektrum von Betroffenen nötig.

Deshalb haben wir uns erlaubt, diesen Änderungsantrag für eine Spezifizierung zu nutzen.

Ein Defizit im psychotherapeutischen Angebot ist nicht nur bei Geflüchteten zu erkennen, sondern auch allgemein im ländlichen Raum. Für spezifische Zielgruppen – zum Beispiel bei Persönlichkeitsstörungen, bei Kindern und Jugendlichen aus dem Autismusspektrum oder auch bei Menschen mit geistiger Behinderung - sind selbst Einzeltherapieplätze kaum ausreichend.
Hier müssten neue Angebote geschaffen werden, die auch den Sozialraum der Menschen mit einbeziehen.
Der Zugang muss für alle Betroffenengruppen angepasst und erleichtert, und die langen Wartezeiten auf Therapieplätze müssen reduziert werden. Wenn sich der Behandlungsbeginn bei einer psychischen Erkrankung so lange hinzieht, dass eine Chronifizierung eintritt, ist das nicht akzeptabel.

Es ist nicht gut, wenn Übergänge von stationärer und ambulanter Hilfe nicht nahtlos gegeben sind! Das hilft weder den Betroffenen, noch ist es für die Akteure im Gesundheitswesen befriedigend. Und nicht zuletzt entstehen dadurch eher höhere Kosten als niedrigere.

Deshalb braucht es nach unserer Überzeugung ein Konzept für Hessen, zu dessen Erstellung möglichst breit Träger der Eingliederungshilfe, Betroffene und Angehörige sowie Interessenverbände, Beratungsstellen usw. einbezogen werden sollten.
Die stationsäquivalente Versorgung muss hessenweit gefördert, ausgebaut und personell ausreichend ausgestattet sein!
Wir möchten Sie deshalb bitten den Antrag durch unseren Änderungsantrag zu erweitern.

 

Wir trauern:

... um unseren Fraktionsvoritzenden
Wolfgang Schrank

250 Wolfgang Schrank 

Der überraschende Tod unseres Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Schrank macht uns sehr traurig. Seine Kompetenz, sein Optimismus und sein Einsatz für soziale Gerechtigkeit motivierte uns in unserer Arbeit im Landeswohlfahrtsverband. Wolfgang Schrank wird uns sehr fehlen!

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